von Andreas Sieß
Als innovatives Medium der Wissenschaftskommunikation soll das neue Brettspiel angehenden Studierenden helfen, sich mit den vielfältigen Aspekten des ‘Systems Universität’ auseinanderzusetzen. Neben der Frage, was es konkret bedeutet, Studierender zu sein, wird dabei u.a. thematisiert, welche Möglichkeiten zur akademischen und persönlichen Entfaltung eine Hochschule bietet, welche politischen Dimensionen das Studium beeinflussen und was eigentlich ein ‘erfolgreiches’ Studium auszeichnet. Da Antworten auf solche Fragestellungen stark individuell geprägt sind und sich kaum auf allgemeingültige Ratschläge reduzieren lassen, wurde ein interaktives Kommunikationsformat gewählt, das die Vielschichtigkeit des Themas nicht deduktiv erklärt, sondern vielmehr induktiv ein implizites Verständnis durch das spielerische Erlebnis vermittelt.
Brettspiel als didaktisches Mittel
Der Prototyp des Spiels mit dem Arbeitstitel Campus Chronicles entsteht im Labor für Medienästhetik der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Perspektivisch soll es in den didaktischen Rahmen des RRC Core Curriculums eingebunden werden, das ein generelles Grundwissen über Wissenschaft und das Wissenschaftssystem vermittelt. Das Spiel selbst, in dem die Spieler:innen ‘Meta-Wissen’ sammeln, um ein Bachelorstudium abzuschließen, kombiniert kooperative mit kompetitiven Mechaniken. Das Besondere: Die Frage, wer gewinnt, ist losgelöst von reinen Noten oder Punktzahlen, um so ein tiefergehendes Verständnis für die inneren Strukturen und Abläufe einer Hochschule zu vermitteln. Da das Spiel ohne größere Vorbereitungszeit im Rahmen einer Unterrichtseinheit des Core Curriculums gespielt werden soll, werden bereits im Entwicklungsprozess Perspektiven von möglichst diversen Test-Nutzer:innen einbezogen, um die Spielregeln durch ein immer wieder angepasstes Design intuitiv begreifbar zu machen.
Workshop an der Universität Witten/Herdecke
Einer solchen Testgruppe präsentierte das RRC-Team Anfang September 2024 an der Universität Witten/Herdecke den aktuellen Entwicklungsstand des Spiels. Die Doktorand:innen und Postdocs der 3. Humboldtⁿ-Summer School der Nachhaltigkeitsinitiative der NRW-Universitäten erhielten dazu zunächst einen Überblick über grundlegende Fragestellungen der Wissenschaftskommunikation sowie Theorien der Spieleentwicklung. Im Anschluss erklärte RRC-Doktorandin Aleksandra Vujadinovic, wie das Brettspiel als experimentelles Format der Wissenschaftskommunikation genutzt werden kann, um ein Verständnis für komplexe Systeme hervorzubringen.
Den Haupt-Teil des Workshops leitete Andreas Sieß, der die Teilnehmenden in einem offenen Format einlud, gemeinsam über die Spielidee zu diskutieren, diese weiterzuentwickeln und eigene Erfahrungen einzubringen. Zum Einsatz kam dabei eine Erhebungsmethode, in der die Teilnehmenden die eigens entworfenen Spielfiguren und Ereigniskarten auf dem Spielfeld direkt ausprobieren konnten und dabei Impulse für die Evaluation und Weiterentwicklung lieferten. Das Feedback wurde aufgezeichnet, sodass die Tonaufnahmen im Nachgang unter Anwendung qualitativer und ethnografischer Methoden ausgewertet werden können. Erste Zwischenergebnis: Das grundlegende Spieldesign galt als intuitiv verständlich, allerdings wurde angeregt, die Perspektiven internationaler Studierender im Hinblick auf das – insbesondere deutsche – ‘System Universität’ stärker zu berücksichtigen. Weitere Ideen der Testgruppe von der ästhetischen Gestaltung der Spielmaterialien bis hin zu didaktischen Anregungen für die Spielanleitung werden nun in das Spieldesign eingearbeitet. Der Workshop war somit ein wichtiger Meilenstein für die weitere Evaluation der Campus Chronicles.