Wissenschaftskommunikation als Ländersache: Noch Luft nach oben!

Über die #FactoryWisskomm des BMBF ist viel geredet worden – auch der Bundestag hat sich zur Wissenschaftskommunikation positioniert. Dabei ist Wissenschaft in weiten Teilen Ländersache. Aber wie halten es die Länder mit der Wissenschaftskommunikation? Dr. Bastian Hartmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW, hat das RRC auf diese Frage aufmerksam gemacht – und wir haben ihn daraufhin um einen Gastbeitrag zum Thema gebeten.

Ein Gastbeitrag von Dr. Bastian Hartmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW

Wie wir vom Peer-Review-Verfahren zum Plenarbeschluss kommen, ist das eine; wie aus Forschung im Labor letztlich Fortschritt im täglichen Leben gewonnen wird, ein anderes. Und wie wir diese Prozesse transparent, nahbar und wo immer möglich auch partizipativ gestalten, um Vertrauen in (Forschungs-)Institutionen und Legitimation von evidenzbasierten Entscheidungen zu festigen, das ist ein drittes. Wissenschaftskommunikation nimmt für alle drei Aspekte eine Schlüsselrolle ein. Spätestens mit der Pandemie scheint diese Erkenntnis auch im Politikbetrieb angekommen.

Der Bundestag hat vor Kurzem mit breiter Mehrheit beschlossen, Wissenschaftskommunikation umfassend zu stärken: Vor allem sollen Wissenschaftler:innen, die der Öffentlichkeit erfolgreich ihre Forschungsleistungen vermitteln, stärkere Unterstützung erhalten. Interessierten Bürger:innen wird aktive Partizipation an der Forschungspolitik offenstehen und für politische Entscheidungsträger:innen wiederum werden stärker wissensbezogene Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Kurzum: Mehr Verständnis füreinander durch vertieftes Wissen übereinander!

Zu dieser horizontalen Dimension tritt aber auch die vertikale. Unsere Forschungslandschaft ist föderal organisiert, ihre Herausforderungen sind immer häufiger global. Dann stellt sich auch in der Wissenschaftskommunikation die ewige Strukturfrage: Ist der Bund zuständig? Machen es die Länder? Oder beide gemeinsam? Und wenn ja: Wie?

Bei manchen Aspekten ergibt Zentralisierung sicherlich Sinn. Ein Beispiel dürfte der Scicomm-Support sein: Eine Anlaufstelle für Forschende, die mit Anfeindung und Bedrohung konfrontiert sind, kann von einheitlicher Datenerfassung und gebündelten Ressourcen nur profitieren.  

Aber grundsätzlich ist nicht nur Wissenschafts- sondern auch Medienpolitik zuerst Aufgabe der Länder. Dass hier noch deutliches Entwicklungspotenzial besteht und wo die Länder voneinander lernen können, hat insbesondere die Übersichtsstudie der Transferunit Wissenschaftskommunikation unlängst aufgezeigt. Dabei scheinen zwei Aspekte besonders bedeutend zu sein: Vernetzung und strukturelle Verankerung.

Wenn Landespolitik Wissenschaftskommunikation ernst nehmen und fördern möchte, dann wäre vor diesem Hintergrund ein eigens dafür zuständiges Referat in der Ministerialverwaltung sinnvoll. Sowohl als Ansprechstelle für die Akteur:innen im Land als auch zur Vernetzung mit anderen Ländern. Außerdem könnten wir Wissenschaftskommunikation im Hochschulgesetz verankern. In NRW wird bisher lediglich von Wissenstransfer und der Nutzbarmachung von Wissen für Industrie und Wirtschaft gesprochen. Nicht zuletzt könnte Politik Freiräume schaffen. Beispielsweise mit Semestern, in denen Forschende speziell für Kommunikations- und Transferprojekte freigestellt werden – so, wie dies bisher schon für Forschungsprojekte möglich ist.