Die Wissenschaft und das liebe Geld

Bei den Hochschulen in Deutschland soll massiv gespart werden. Was aber bedeutet die prekäre Finanzlage für die Entwicklung des deutschen Wissenschaftssystems – und für die Wissenschaftskommunikation? Qualität wird auch hier zum Gebot der Stunde.

Von Oliver Ruf

Dass es mir der Haushaltslage deutscher Hochschulen nie so richtig gut bestellt war, ist kein Geheimnis. Doch in der Vergangenheit konnten verschiedene Initiativen Schieflagen noch einigermaßen auffangen, etwa indem Finanzierungs- und Fördermodelle kombiniert und ausgebaut wurden. So wechselte die (befristete) Exzellenzinitiative zur (unbefristeten) Exzellenzstrategie, Bund und Ländern stellten im Rahmen des ‚Hochschulpakts 2020‘ Geld für den Ausbau von Studiermöglichkeiten in Milliardenhöhe zur Verfügung und ‚Qualitätsverbesserungsmittel‘ sollten die Qualität in Lehre und Studium verbessern. Allerdings ist Letztgenanntes zweckgebunden, der Hochschulpakt ist im Jahr 2020 ausgelaufen und die Exzellenzstrategie entfaltet eine Reihe von nicht unkritisch zu sehenden Nebenwirkungen. Das Nachfolgeprojekt des ‚Hochschulpakts‘, der ‚Zukunftsvertrag Studium und Lehre‘ von Bund und Ländern stellt den Hochschulen zwar einen weiteren jährlichen Milliardenbetrag zur Verfügung – als Reaktion auf die in der Vergangenheit stark gestiegenen Studienanfängerzahlen. Dabei müssen die Länder jedoch Landesmittel mindestens in gleicher Höhe der Bundesmittel zusätzlich zur Grundfinanzierung bereitstellen. In der derzeitigen Situation steht aber genau diese Grundfinanzierung auf dem Prüfstand – ganz abgesehen davon, dass aktuell die allgemeinen Studierendenzahlen massiv zurückgehen.

Wichtiger als solche Programme ist daher vor allem eine solide Grundfinanzierung der Hochschulen – aber die dürfte künftig weitaus schwieriger werden. Allein die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege muss angesichts der Haushaltskrise in diesem Jahr 250 Millionen Euro im Wissenschaftsbereich einsparen; maßgeblich betroffen davon sind die Hochschulen. Einige wenige Hochschulen können künftig fehlende Mittel durch gebildete Rücklagen vorerst womöglich auffangen; bei anderen erweist sich die Finanzierungssituation allerdings als dramatisch: Strukturelle Defizite in mehrstelliger Millionenhöhe gehören dort längst zur Realität. Einsparungen auf allen Ebenen der Hochschuletats sind unvermeidlich. Dabei haben die Hochschulen auch abseits ihrer Finanzen bereits große Probleme: vom Umgang mit Befristungen des wissenschaftlichen Nachwuchses, über den bereits erwähnten Rückgang der Studierendenzahlen über fast alle Fächergrenzen und Hochschulformen hinweg bis zum Ausfall eines ganzen Abiturjahrgangs durch die Umstellung vom achtjährigen Gymnasium auf G9. Es ist abzusehen, dass sich die darauf folgende Reduktion der Gesamtstudierendenzahl ebenfalls wiederum entscheidend auf die Finanzsituation jeder einzelnen Hochschule auswirken wird.

Das Fundament des deutschen Hochschulsystems gerät ins Wanken; die Kürzungen könnten die institutionellen Grundlagen von weiten Teilen der Wissenschaft auf Dauer gefährden. Doch wenn Hochschulen und mit ihnen Forschende, Lehrende und Studierende zwangsläufig eine Solidargemeinschaft bilden müssen, dann entsteht ein Anlass zur Transformation. Wissenschaft und ihre Hochschulen müssen sich verändern. Ein Baustein hierfür könnte die Wissenschaftskommunikation sein, um u.a. wissenschaftsinterne ebenso wie gesellschaftliche Bedürfnisse immer wieder zu artikulieren, Relevanz zu demonstrieren und neue Bündnisse zu schließen. Nur darf dies keineswegs bedeuten, dass die institutionelle Kommunikation von Wissenschaft noch mehr als schon bisher die eigene Reputation in Marketingmanier zu verkaufen versucht. Vielmehr ist eine qualitätsbasierte und selbstreflexiv qualifizierte Wissenschaftskommunikation unabdingbar. Auch diese benötigt im Übrigen Geld, das gut angelegt wäre, wenn damit der Stellenwert von Wissenschaft und Hochschulen für alle wieder sichtbarer würde.