„Paper, Preprints und Pitfalls“ – Journalist:innen und Forschende im Austausch

Beim ersten Research³-Workshop in Bonn ging es um die Frage, wie Wissenschaftsjournalist:innen sich im wissenschaftlichen Publikationssystem zurechtfinden und Expertise bewerten können.

Insgesamt zwölf Wissenschaftsjournalist:innen aus dem Netzwerk des RRC-Praxispartners Wissenschaftspressekonferenz (WPK) kamen am 10. und 11. Juni in Bonn zu einem eineinhalbtätigen Workshop mit Forschenden des RRC zusammen. Unter dem Titel „Von Papern, Preprints & Pitfalls –Was man im Wissenschaftsjournalismus über Trends im Publikationswesen wissen muss“ widmeten sie sich in verschiedenen Lecture- und Austauschformaten der Frage, welche Wege zur Bewertung von Expertise in der Wissenschaft das wissenschaftliche Publikationssystem bereithält. Die Veranstaltung stellte den Auftakt der Research³-Workshop-Reihe dar, die sich bis zum Ende des RRC-Förderzeitraums mit variierenden thematischen Schwerpunkten an die verschiedenen Zielgruppen des Rhine Ruhr Center for Science Communication Research (RRC) wenden soll.

Preprints, Peer-Review oder DFG-Förderung? Auf den Spuren wissenschaftlicher Expertise

Mit dem ersten Programmpunkt warf die Bonner Runde zunächst einen Blick zurück auf die ersten Monate der Corona-Pandemie. Als Beispiel diente eine Charité-Vorabveröffentlichung aus dem Virolog:innenteam um Christian Drosten zur Infektiosität von Kindern und möglichen politischen Implikationen. In zwei Kleingruppen diskutierten die Teilnehmenden eine gute Stunde lang zu dem Fall und den eigenen Beobachtungen zum journalistischen Umgang mit Vorabveröffentlichungen, sowie zur Zuschreibung und Politisierung von Expertise.

Das RRC-Team zeichnete die Diskussion zur späteren Auswertung auf. Im Sinne des ersten RRC-Teilprojekts erhofft das Projektteam sich wertvolle implizite Aussagen zu dominanten „images and imaginations of science“ in der Zielgruppe der Wissenschaftsjournalist:innen.

Im weiteren Verlauf des ersten Workshop-Tages vertieften David Kaldewey von der Universität Bonn und Martina Franzen vom Kulturwissenschaftlichen Institut Essen das Wissen der Teilnehmenden zu den Themenbereichen „Wissenschaftsforschung“ und „Wissenschaftliches Publikationssystem“ durch ihre Impulsvorträge. Ihre Präsentationen mit den Titeln „Von Preprints, Retractions und Bestsellern. Was heißt: relevante Publikationen?“ und „Was ist Wissenschaft? Was ist Wissenschaftsforschung?“ wurden rege diskutiert.

Abschließend besuchte die Gruppe die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), wo Anne Brüggemann, Leiterin der Gruppe „Geistes- und Sozialwissenschaften 2: Sozial- und Verhaltenswissenschaften“, und DFG-Pressesprecher Marco Finetti die Teilnehmenden empfingen. Leitend für Kurzvortrag und anschließende Diskussion war die Frage, inwieweit die Begutachtungs- und Bewertungsmechanismen der DFG es auch der journalistischen Seite erleichtern können, sich angesichts heterogener und komplexer Formen wissenschaftlicher Expertise zu orientieren und diese zu bewerten.

Von der Theorie in die Praxis: Wissenschaftsbewertung und innovative Formatentwicklung

Der zweite Workshop-Tag begann mit einem Vortrag von Holger Wormer vom Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus der Technischen Universität Dortmund, an den sich eine Gruppenübung anschloss: Unter redaktionsüblichem Zeitdruck sollten die Teilnehmenden eine Presseveröffentlichung zu Stickstoffgrenzwerten kritisch unter die Lupe nehmen. Getreu dem Motto zur wissenschaftsjournalistischen Sorgfalt: „Mach, was Du kannst, in der verfügbaren Zeit! Aber verzichte nicht auf wissenschaftliche Qualitätsprüfung, nur weil du sowieso nicht alle Paper zu einem Forschungsgebiet in zwei Stunden lesen kannst!“
Noch einen Schritt weiter ging der abschließende Praxisteil unter Anleitung von Oliver Ruf, Aleksanda Vujadinovic und Andi Siess von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: In Zweierteams entwickelten die Teilnehmenden innovative mediale Formate zur Kommunikation des wissenschaftlichen Publikationssystems. Die präsentierten Ergebnisse vermittelten das komplexe Thema mithilfe von „Gamification“-Aspekten: Wissenschaft als Adventure-Rollenspiel. Auch wenn, wie angemerkt wurde, die finanziellen Ressourcen und die IT-Expertise für entsprechende Formatumsetzungen in den Redaktionen nicht immer vorhanden sind, setzten die Gruppen so doch zumindest einige kreative Impulse und traten die Heimreise mit vielen neuen Perspektiven und Ideen an.

Der nächste Research³-Workshop findet voraussichtlich im Oktober 2022 statt.